Interview mit Geschäftsführer Rudolf Bischler
STREIT hat in Gengenbach gebaut und ist seit Sommer dort im Gewerbepark Kinzigtal ansässig. Die neue Arbeitswelt und ein modernes Logistikzentrum werden künftig nicht nur die Schaltzentrale des großen Bürodienstleisters sein, sondern auch als Besuchermagnet für alle Unternehmen dienen, die sich zu New Work-Konzepten und superschnellen, intelligenten Logistikprozessen informieren wollen. Der mehrmonatige Umzug im laufenden Betrieb ist abgeschlossen, jetzt ist Zeit für ein Gespräch mit der Redaktion von STREIT:Wissen.

Lieber Herr Bischler, STREIT hat eine fulminante Einweihung hinter sich und mit vielen Gästen Ende September 2022 gefeiert. Worüber haben Sie sich am meisten gefreut?
Rudolf Bischler: Dass so viele gekommen sind. Und dass unsere Gäste unser neues Firmengebäude und Logistikzentrum als Wettbewerbsvorteil einschätzen, mit dem wir uns langfristig und noch stärker als zuvor als kompetenter und zukunftsorientierter Bürodienstleister am Markt positionieren werden. Es gibt wenige mittelständische Unternehmen, die mit unseren Standard hinsichtlich Logistik und Prozessabläufen vergleichbar sind.
Und ich freue mich natürlich, über unsere Entscheidung zu diesem Schritt in die Zukunft. Die Investition in den neuen Standort, Leistungskapazitäten verdoppeln und wegziehen von Hausach – das waren intensive Entscheidungsprozesse, die uns teilweise schwer gefallen sind. Dass wir gerade jetzt in diesen schwierigen Zeiten eine neue Firmenzentrale und ein leistungsstarkes Logistikzentrum in Betrieb nehmen, empfinde ich als ein ermutigendes Zeichen der Zuversicht. Wir haben eine enorme Investition getätigt zur Sicherung unserer Zukunft. Der Standort Gengenbach ist mit der größten Investitionssumme in der bisherigen 70-jährigen Firmengeschichte von STREIT verbunden. Die Bedeutung hat in diesen Tagen angesichts eines Krieges in Europa und dem Importende von billigem Gas aus Russland einen ganz anderen Impact, den wir damals während der Planungsphase nicht erahnen konnten.
Um das Thema Impact aufzugreifen: Sie haben sich gegen eine billige Gasversorgung entschlossen und haben auf Nachhaltigkeit gesetzt. Das neue Firmengebäude wird über eine Wasserwärme-Pumpe versorgt und erzeugt über eine Photovoltaikanlage eigenen Strom.
Rudolf Bischler: Richtig. Und jetzt sind wir angesichts der dramatischen Energiesituation natürlich in der glücklichen Situation, unabhängig vom exorbitant verteuerten Gas zu sein. Aus damaliger Sicht wäre auch aus Kostengründen die Entscheidung für Gas logisch und wirtschaftlich richtig gewesen. Die Entscheidung gegen billiges Gas als Energieträger war die heute rückblickend wohl nachhaltigste Entscheidung, die wir damals – noch vor dem Krieg in der Ukraine – beschlossen haben. Diese deutlich teurere Investition samt erforderlicher Nachfinanzierung haben wir in Kauf genommen. Rückblickend betrachtet haben wir Glück gehabt. Wie gut, dass wir uns anders entschieden haben.
Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle bei STREIT und betrifft nicht nur die Energieversorgung. Sie sprechen häufig von einer nachhaltigen Unternehmensführung.
Rudolf Bischler: Nachhaltigkeit ist sehr komplex und wir arbeiten intensiv daran. Es bedeutet im Ergebnis zukunftssicher zu planen und zu handeln, und das spiegelt unser Wertesystem seit jeher. Denn wir tragen die Verantwortung für die Enkel-Generation. Deshalb haben wir auch unsere ursprünglichen Pläne der fossilen Gasversorgung aufgegeben. Wir haben nur einen Planeten. Klimaschutz mit Blick auf die Kinder- und Enkelkinder-Generationen waren uns wichtiger als kurzfristige Einsparungen beim Invest.
Eine nachhaltige Unternehmensführung bedeutet aber nicht nur sparsam mit Ressourcen und Materialien umzugehen und den Klimawandel im Blick zu haben, sondern auch alle Mitarbeitenden, Partner und Lieferanten mit Respekt und Wertschätzung zu behandeln, sodass langfristige vertrauensvolle Beziehungen entstehen, auf die man sich verlassen kann. Und Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch, effiziente Prozesse wo immer es möglich ist zu installieren. Das ist die DNA von STREIT seit den Anfängen in den 1950er Jahren. Wir arbeiten derzeit intensiv an einem umfangreichen Nachhaltigkeitskonzept und werden darin alle Aspekte einer nachhaltigen Unternehmensführung formulieren. Im Bereich Personal und Organisation werden wir ökologische Aspekte noch stärker berücksichtigen als bislang. Inwieweit haben wir als Handelsunternehmen Einfluss auf unsere zahlreichen Lieferanten? Der Spielraum ist minimal. Umso wichtiger ist für uns, unsere Wertvorstellungen deutlich zu kommunizieren und vorzuleben, so wie wir es in der Familiencharta und im Leitbild formuliert haben. Die Sicherung der Arbeitsplätze und der langfristige nachhaltige Erhalt des Unternehmens – das ist unser Fokus.
Nachhaltig handeln in einem umkämpften Wettbewerb, wie schwierig ist das?
Rudolf Bischler: Ökonomische Zwänge in einem harten Markt austarieren und gleichzeitig Dinge nachhaltig verändern im Sinne eines guten Arbeitens – das sind für uns die Herausforderungen der nächsten Zeit und manchmal ein echter Spagat. Wir brauchen ein bestimmtes Volumen, um für Lieferanten interessant zu bleiben. Gleichzeitig wollen wir vieles noch besser machen in den Bereichen Digitalisierung und Prozessoptimierung. Dies sind wichtige Voraussetzungen für eine nachhaltige Produkt- und Preispolitik, mit der wir als verlässlicher Partner, Händler und Dienstleister gegenüber unseren zahlreichen Kunden auftreten. Nachhaltig führen sichert Arbeitsplätze und damit die Zukunft unseres Unternehmens.
Die Firmenzentrale in Gengenbach fußt auf der Konzeption von New Work. Einrichtung und technische Ausstattung dienen der Agilität, Flexibilität und Mobilität der Mitarbeitenden. Wie neu ist dieses Thema für STREIT?
Rudolf Bischler: Es ist für uns ein vertrautes Thema, mit dem wir uns bereits seit vielen Jahren beschäftigen. New Work und hybrides Arbeiten haben durch die Pandemie enorm an Fahrt aufgenommen. Dieses Zukunftsmodell wurde von der Gegenwart eingeholt. Wir waren sehr gut darauf vorbereitet, weil wir uns schon lange zuvor danach ausgerichtet hatten. Wir hatten es aber anders gelabelt. Wir nannten es WorkWellness und wurden dafür bisweilen belächelt. Arbeiten mit Wohlfühlfaktor ist jetzt jedoch das Konzept der Stunde. Besonders auch, weil die junge Generation Z, die jetzt in den beruflichen Startlöchern steht, ganz anders tickt und andere Ansprüche hat als frühere Generationen. In Gengenbach haben wir New Work auf eine neue Stufe angehoben. New Work ist Teil unseres Geschäftsmodells. Das leben wir mit unseren MitSTREITern. Schon in Hausach konnten wir mit der STREIT Arbeitswelt unsere Kunden begeistern. In Gengenbach zeigt sich nun noch viel transparenter die Verzahnung von Einrichtung, Prozessen und Abläufen, das Ineinandergreifen von Mobiliar und technischer Ausstattung. Alle Erfahrungen, die wir im Bereich New Work gesammelt haben, geben wir an unsere Kunden weiter. Unsere Konzepte sind daher immer Überzeugungsprojekte und stammen aus erfolgreich realisierter Umsetzung im eigenen Haus.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das wertvollste Gut im Familienunternehmen STREIT. Auf welche Weise zeigt sich das in Gengenbach?
Rudolf Bischler: Wir haben seit Jahren eine wertebasierte Unternehmenskultur bei STREIT etabliert. Diese war ursächlich für die Investition in die Ausstattung für die Mitarbeitenden, sowohl in den Büros als auch im Bereich Lager und Logistik. Ergonomie etwa ist uns ein wichtiges Thema. Um zum Beispiel ein 50 Kilogramm schweres Paket von A nach B zu transportieren, setzten wir nun eine hydraulische Unterstützung ein, um die Arbeit zu erleichtern und damit den Mitarbeiter und seinen Rücken zu schonen. Die Gesundheit unserer Belegschaft ist uns sehr wichtig. Am neuen Standort herrscht insgesamt ein hoher Ausstattungsstandard, um die Arbeitsvorgänge zu erleichtern und den Komfort für die Mitarbeitenden zu erhöhen.
Herr Bischler, was sind die nächsten strategischen Schritte?
Rudolf Bischler: Wir haben mit dem jetzigen Standard ein enormes Potenzial, das wir nach und nach ausschöpfen wollen. Die Mitarbeiterzahl bleibt zunächst gleich, wir wollen sie aber ausbauen. Durch die vielen automatisierten Abläufe steigt unser Leistungsvolumen. Unsere Produktivität steigt mit der gleichen Zahl von Mitarbeitenden. Und wir können jetzt aufgrund der räumlichen Struktur vieles noch besser machen. Das heißt, wir wollen nachhaltiger wirtschaften, indem wir Prozesse weiter optimieren und an die Bedürfnisse der Kunden anpassen, außerdem die Digitalisierung stärker vorantreiben. Wir arbeiten zudem intensiv an einem neuen Lieferkonzept, um Kosten und CO2 einzusparen. Beratung und Projektentwicklung wollen wir ebenfalls weiter ausbauen. Vieles ist schon in der Pipeline.
Hohe Identifikation der Belegschaft mit dem Unternehmen, Teamspirit und Spaß an der Arbeit: STREIT ist Top Arbeitgeber und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Was ist das Geheimnis?
Rudolf Bischler: Arbeitszeit ist Lebenszeit. Die meiste Zeit verbringen wir am Arbeitsplatz. Eine sinnstiftende Arbeit sollte also Spaß machen und Freude bereiten. Das ist der Ausgangspunkt aller Überlegungen. Die Mitarbeitenden stehen im Zentrum unseres Denkens und Handelns. Eine wertebasierte nachhaltige Unternehmensführung heißt bei uns also auch, darauf zu setzen, dass Mitarbeitende gerne in das Unternehmen kommen, um dort ihre Kolleginnen und Kollegen zu treffen und sich auszutauschen. Teamspirit, Spaß und Motivation in unseren Arbeitsräumen zu tanken, das ist die von uns forcierte Arbeitskultur, mit der wir unsere Mitarbeitenden begeistern können. Es gilt bei uns das Prinzip Vertrauenskultur statt Präsenzkultur. Wir predigen New Work nicht, sondern wir leben es selbst vor. Damit schaffen wir eine Innovationskultur, die Spaß macht und die begeistert. Das Büro sollte dem Lernen, der Inspiration und der Kommunikation dienen. Gute und wertschätzende Arbeitsbedingungen spornen die Mitarbeitenden zu Höchstleistungen an. Das ist eigentlich das ganze Geheimnis.